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Der Kampf um Glorys Leben ist noch nicht gewonnen

Freitag 10. Mai 2019

In Simbabwe gibt es für Glory keine Hilfe. Sie braucht eine Spenderleber. Die gibt es, wenn überhaupt, nur in Südafrika. Ein Fall für Dr. Schales.  

Neun Hühner, zwölf Kühe, eine Katze und ein kleiner Hund tummeln sich auf dem umzäunten Gelände mitten im Nirgendwo. Der weißbraune Hund heißt Bodyguard. Er kommt bellend angerannt, als Dr. Hans Schales mit mir im Jeep auf das Gelände mit vier Hütten fährt. Als wolle er uns sagen: „Stopp! Ich bewache unser Anwesen.“ Andrew Ngwenya kommt mit seiner drei Jahre alten Nichte Abigirl auf dem Arm aus einer Lehmhütte. Der 51-jährige Familienvater hat unser Auto gehört. Oder seinen bellenden Bodyguard. Wir steigen aus. Was macht der vierbeinige Wächter? Er legt sich in den Sand, lässt sich kraulen.

Schales besucht die Ngwenyas wegen Glory. Die Zehnjährige hat eine autoimmune Hepatitis. Die Krankheit ist nicht heilbar. Im St. Luke’s Hospital kann ihr niemand helfen. Das Mädchen braucht eine Lebertransplantation. Ihre Mutter Opar bittet uns in ihre Hütte. Schales erklärt der 48-Jährigen: „Glory muss wieder nach Südafrika.“ Es sind Schicksale, die einen berühren in einem Land, in dem Menschen in Massen an Krankheiten sterben, gegen die wir Medikamente haben oder geimpft sind. Schales nimmt sich Schicksale wie das von Glory zu Herzen. Er kontaktierte spezialisierte Ärzte, organisierte Pässe für sie sie und ihre Mutter, damit sie nach Südafrika dürfen. „Dort wurde Glory operiert, um mit einer Gewebeprobe von der Leber sicherzugehen, dass es die Autoimmunkrankheit ist“, erklärt der 81-Jährige. Schales ist Idealist. „Ich träume davon, dass es irgendwann ein Medikament gegen diese Krankheit gibt“, sagt er.

So wie bei Aids. War die Diagnose 2004, als ich Schales erstmals in Simbabwe besuchte, ein Todesurteil, können HIV-Positive dank Medikamenten heute damit leben. „Zwischendurch träume ich aber auch davon, dass Glory stirbt“, sagt der Ex-Chefarzt aus Dudweiler – und erklärt in der Hütte sitzend Glorys Eltern, dass er einen Bluttest machen will. Er packt die Zehnjährige samt  Mutter ins Auto. Abigirl fährt gleich mit. Sie hat Magenprobleme. Ab geht’s ins St. Luke’s Hospital. Blutentnahme bei Glory. Medikamente für Abigirl. Ohne unsere Fahrt hätten die Ngwenyas einen Tagesmarsch vor sich gehabt.

Alles ist erledigt. Wir fahren die drei nach Hause. Bodyguard kommt uns wieder bellend entgegen. Da wir in Eile sind, steigen wir nicht aus. Der Hund wittert seine Chance. Wir fahren los. Er rennt mutig neben dem Jeep her. Als wolle er uns vertreiben. Bodyguard kläfft uns noch aus der Ferne hinterher. Vielleicht wollte er sagen: „Diesmal gibt es keine Schmusetour mit mir. Ich bin hier der Aufpasser.“